Zeitloser Raum
Alles im Leben unterliegt dem unerbittlichen Gesetz der Zeit. Eine Türe mit nicht vollendeten Entwürfen, Tragödien aber auch liebgewonnenem schliesst sich unwiderruflich hinter uns. Dessen vertrautes Licht strahlt immer weniger in den soeben beschrittenen Raum, bis sich der Türspalt ganz hinter uns geschlossen hat und auch die letzten Geräusche in diesem für immer verstummen. Hoffnungsvoll versuchen wir den uns noch fremden und frisch betretenen Lebensraum sicher und kontrolliert zu gestalten, diesen mit Leben in Form von Wünschen, Dingen und Begegnungen zu füllen und einzurichten. Doch eines hat jede neue Türe, jeder neue Raum und jedes neue Stockwerk gemein, es unterliegt der Veränderung, der Vergänglichkeit und schlussendlich dem Zerfall. Der einzige Ort der diesem unerbittlichen Gesetz nicht unterliegt, ist tief in dir drin. Es ist dein innerer Raum, die Türe dazu findest du in der Weite deines Herzens.
Nachtstille
Wenn im Verlauf des Tagesgeschehens die Schatten länger werden und die Dunkelheit das restliche Licht des Tages zusammen mit deinem eigenen Schattenbild ganz in sich aufgenommen hat, die pulsierende Hektik in der Ruhe verhallt und durch diese abgelöst wird, ist es die beste Zeit bei sich selbst einzukehren um das innere Licht anzuzünden und den ureigenen Ton des stillen Glücks anzustimmen.
Der Berggeist
Kaum spürbar thronen die stillen und erhabenen Riesen links und rechts oberhalb der Talrinne und versorgen diese aus ihrem Speicher heraus mit ihrem reinen und kostbaren Lebenswasser. Dieser wilde Bergfluss strömt wie eine vernarbte Schweissnaht durch das Tal und verleiht diesem Leben und ein Gesicht.
Im Frühling, wenn diese unscheinbaren Lebensspender die Last des Winters von ihrem Buckel abschütteln und für einen kurzen Moment das Donnern einer Lawine ihre anmutende Stille, welche sie sonst umgibt durchbricht, dürfen wir deren innewohnende Kraft mit Staunen erahnen und selber für einen kurzen Moment ebenso Still werden. Wie auch an heissen Tagen, wenn sie ihren Leib strecken um das ihnen scheinbar drüssig gewordene Antlitz in Form von Schutt- und Steinstürzen unter lautem Getöse zu erneuern. Es mutet fast schon paradox an, als ob der Berggeist uns mit diesem lauten Krach zurufen möchte, um uns sein eigenes jedoch stilles Geheimnis zu offenbaren.
Denn die äussere Höhe der Berge ist nicht seine eigentliche Grösse. Es ist vielmehr der ihm innewohnende Berggeist der es vermag Stürme, Nebel und Finsternis mit dem selben Gleichmut zu begegnen wie den lichten und wärmenden Sonnenstrahlen. Entgegen uns Menschen fehlt es den Bergen an der Möglichkeit ihre Umgebung zu verlassen und so von den Widrigkeiten des Lebens zu fliehen. An diesem vermeintlichen Nachteil durften die Berge wachsen und so ihre eigentliche Grösse im Innen formen. So fest im Boden verwurzelt ragen sie hoch in den Himmel empor ohne nach den Sternen greifen zu wollen.
Wer dies auch vermag, wiegt sich wie die Bergwelt im Himmelreich. Aber Vorsicht, beim Streben nach diesem ist schon manch einer gestürzt weil es ihm entgegen der Berge an Bodenständigkeit mangelte. Möge uns der Berggeist innerlich berühren und uns an der Hand nehmend den Weg zu einem vom Aussen unabhängigen Gipfelerlebnis weisen.
Tagwandler
Wer die Schönheit im Alltag nicht sehen kann,
dessen Herz ist verschlossen wie Augen im Schlaf.